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Das Cannabisrezept

Rezeptausstellung

Medizinisches Cannabis darf seit Erlassen des Gestzes "Cannabis als Medizin" im Jahr 2017 auf Betäubungsmittelrezept ärztlich verordnet werden. Seit dem 01. April 2024 ist Cannabis kein Betäubungsmittel mehr, aber es unterliegt weiterhin der Verschreibungspflicht. Grundsätzlich dürfen Ärzte jeder Fachrichtung Rezepte über medizinisches Cannabis ausstellen. Vielerorts fehlt aktuell noch die Bereitschaft, Cannabis als Medizin zu akzeptieren. Das Netz cannabisverordnender Ärzte wie auch das cannabisversorgender Apotheken ist zur Zeit noch recht dünn.

Ein gültiges Rezept über medizinisches Cannabis muss neben Name, Vorname und Geburtsdatum des Patienten, dem Ausstelldatum und einem Arztstempel inkl. Arztunterschrift folgende Angaben enthalten:

  • vollständiger Name der Sorte: Cannabisblüten "Sorte" oder Cannabisextrakt "Sorte"
  • Anwendungsart: "zur Inhalation NRF 22.12" oder "zur Teezubereitung NRF 22.14" oder "zur Einnahme NRf 22.11"
  • Menge in [g] oder [ml]
  • Gebrauchsanweisung in Form von Einzel- oder Tagesdosen

Die Verordnung muss aktuell noch die genaue Bezeichnung der Cannabissorte inkl. THC und CBD-Gehalt enthalten. 

Verordnungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse dürfen nur eine einzige Sorte enthalten, da sonst nicht genügend Platz für die Abrechnung auf dem Rezept zur Verfügung steht. Privatverordnungen dürfen hingegen bis zu drei verschiedene Sorten beinhalten.

Rezepteinlösung

Wird ein gültiges Cannabisrezept in der Apotheke abgegeben, so kommt  ein Kaufvertrag zu Stande, d. h. der Patient ist zur Abnahme der verordneten Arzneimittel berechtigt aber auch verpflichtet.

Nach Abgabe einer Cannabisverordnung erfolgt eine patientenindividuelle Anfertigung (Rezeptur) in der Apotheke inkl. Dokumentation sowie Meldung an die Arzneimittelbehörde.

Da solche Anfertigungen einen erheblichen Zeitaufwand darstellen, sind Cannabisrezepte  wie auch andere Rezepturen meistens erst am Folgetag abholbereit.

Arzneimittel sind übrigens per Gesetz generell vom Umtausch oder einer Rückgabe ausgeschlossen. Erfolgt innerhalb von vier Wochen nach Rezeptabgabe keine Abholung der bestellten Ware, so ist die Apotheke gezwungen, dem Patienten die Ware trotzdem vollständig in Rechnung  zu stellen - auch wenn die Ware inzwischen verfallen sein sollte und als nicht-verkehrsfähiges Arzneimittel vernichtet werden muss.

Achtung! Sollte eine verordnete Sorte nicht lieferbar sein, so kann  stattdessen keine andere Sorte beliefert werden, sondern das Rezept verliert seine Gültigkeit. Daher ist es ratsam, sich vor der Ausstellung über die Verfügbarkeit der Sorten zu informieren.

Seit Inktafttreten des Cannabisgesetzes ist der Besitz von bis zu 25g Cannabisblüten im öffentlichen Raum und bis zu 50g in privaten Räumlichkeiten  für Personen ab 18 Jahren für den Eigenkonsum erlaubt. Da für Cannabispatienten auch größere Mengen als 25g bzw. 50g auf Rezept verordnet werden können, ist es erforderlich, stets eine Rezeptkopie oder einen Cannabisausweis bei sich zu führen, um die medizinische Anwendung nachweisen zu können. 

Bitte wenden Sie sich vertrauensvoll an das Apothekenpersonal, falls Sie Fragen zu einer Sorte oder der Eignung einer Sorte für Ihre persönliche Situation haben sollten oder die verordnete Sorte nicht lieferbar sein sollte. Wir finden sicherlich eine Lösung.

Kostenübernahme

Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben seit März 2017 Anspruch auf eine Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon (SGB V Paragraf 31 Absatz 6).

Vor der erstmaligen Verordnung von medizinischem Cannabis muss der Patient die Genehmigung seiner Krankenkasse einholen. Eine Ausnahme gilt für Cannabisverordnungen in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung: Hier ist keine Genehmigung erforderlich.

In der Regel müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es liegt eine schwerwiegende Erkrankung vor
  • andere Therapien stehen nicht zur Verfügung oder können im Einzelfall nicht angewendet werden.
  • Es wird erwartet, dass Cannabis eine positive Wirkung auf den Krankheitsverlauf oder die schwerwiegenden Symptome hat.

Cannabinoidhaltige Fertigarzneimittel haben allerdings Vorrang vor Blüten und Extrakten, und der Arzt hat bei Auswahl des Cannabinoids das Wirtschaftlichkeitsgebot zu erfüllen.

Für die Bearbeitung der Anträge haben Krankenkassen eine Frist von drei Wochen – bei Erfordernis einer gutachterlichen Stellungnahme fünf Wochen. Eine verkürzte Frist von drei Tagen gilt für Cannabisverordnungen in der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung oder, wenn eine stationär begonnene Cannabistherapie ambulant fortgeführt werden soll.

Erneute Genehmigung nicht erforderlich

  1. Nur die Erstverordnung von Cannabis sowie ein grundlegender Therapiewechsel bedürfen der Genehmigung durch die Krankenkassen. Folgeverordnungen, Dosisanpassungen, ein Arztwechsel oder der Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Form bedürfen keiner erneuten Genehmigung. Sofern eine Genehmigung für eine Therapie mit Cannabis bereits vor Inkrafttreten der neuen Regelungen des G-BA erteilt worden ist, gilt diese auch weiterhin.
  2. Die Erstgenehmigung darf von den Krankenkassen nur in begründeten Ausnahmefällen versagt werden.
  3. Cannabis-Verordnungen im Rahmen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) bedürfen grundsätzlich keiner Genehmigung.
  4. Im Rahmen der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung (AAPV) oder bei Beginn einer Cannabistherapie bereits während einer stationären Behandlung besteht zwar eine Genehmigungs­pflicht, die Prüffrist der Krankenkassen beträgt hier aber nur drei Tage.
  5. Es gibt keinen Facharztvorbehalt für die Verordnung von medizinischem Cannabis, das heißt alle Ärztinnen und Ärzte sind verordnungsbefugt. Dies ist vor allem für die Versorgung von Patientinnen und Patienten in der AAPV und der SAPV von erheblicher Bedeutung, weil hier Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner große Teile der Patientenversorgung sicherstellen.

Der Antrag auf Kostenübernahme umfasst:

  • Schriftlicher formloser Antrag, den Patienten/-innen stellen
  • Arztfragebogen, den die behandelnde Ärzte/-innen ausfüllen

Der/die Patient/in beantragt hierfür vor dem Beginn der Verordnung unter Zuhilfenahme der Stellungnahme des/-r Arztes/Ärztin in der Form eines Fragebogens bei der Krankenkasse die Genehmigung einer Kostenübernahme. Die Einschätzung muss man begründen und auf folgendes eingehen:

  • Krankheitszustand mit vorhandenen Funktions- und Fähigkeitseinschränkungen entsprechend der Untersuchung(en) der Patienten/-innen
  • Möglich sind Befunde anderer Ärzte/-innen zur Bekräftigung
  • Darstellung der Erkrankung, Symptome und des angestrebten Therapieziels
  • Angewandte Standardbehandlungen
  • Behandlungsoptionen wurden ausgeschöpft
  • Aussicht auf spürbare positive Einwirkung auf Krankheitsverlauf oder schwerwiegende Symptome

Aufgrund des großen Umfangs der vorzulegenden Unterlagen und der fachlichen Komplexität der Antragstellung sind wir Ihnen bei der Beantragung der Kostenübernahme einer Cannabistherapie gerne behilflich und stellen Ihnen diverse Unterlagen hierfür zur Verfügung.

Bei welchen Erkrankungen dürfen cannabishaltige Produkte verordnet werden?

Nur schwerkranke Patienten/-innen dürfen sich Cannabisprodukte auf Rezept verschreiben lassen. Eine Erkrankung wird als schwerwiegend beschrieben, wenn sie lebensbedrohlich ist und/oder die Lebensqualität nachhaltig negativ beeinflusst. Es gibt keinen Ausschlusskatalog. Die folgende Listen dient daher lediglich der Orientierung. 

  • Chronische Schmerzen
  • Tumorerkrankungen / Übelkeit während Chemotherapie
  • chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
  • Multiple Sklerose
  • Spastiken
  • Epilepsie oder Tourette-Syndrom
  • ADHS
  • Arthrose
  • HIV-Infektion
  • Migräne oder Cluster-Kopfschmerzen
  • Depressive Störungen
  • Neurodermitis

Da viele Krankheiten in unterschiedlichen Stadien verlaufen und verschieden stark ausgeprägt sind, muss die Entscheidung, ob sie schwerwiegend sind, immer anhand der individuellen Situation beantwortet werden.

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Fahrtauglichkeit

Das Medikamentenprivileg

Wenn Cannabis aus medizinisch-therapeutischen Gründen für einen konkreten Krankheitsfall verordnungsgemäß eingenommen wird und die Titrationsphase abgeschlossen ist, ist die Teilnahme am Straßenverkehr regulär möglich.

Voraussetzungen sind, dass der Patient sich in einem stabilen Zustand befindet, dass die Einnahme des BtM seinen Allgemeinzustand nicht negativ beeinflusst und der Patient seine Fahrtüchtigkeit vor Fahrtantritt kritisch hinterfragt. Grundsätzlich gelten somit dieselben Anforderungen wie bei der Einstellung eines Opioids zur Schmerzbehandlung.

Der Wirkstoff THC wird vom Körper im Gegensatz zu Alkohol nicht linear abgebaut. Es ist also nicht vorhersehbar, wieviel THC ein Patient nach einer bestimmten Zeit nach dem Konsum noch im Blut hat. Der Abbau erfolgt zudem sehr indivuell, bei manchen Patienten recht schnell, bei anderen hingegen nur sehr langsam.

Vor dem Führen von Kraftfahrzeugen sollte daher zu Beginn der Behandlung ein bis zwei Wochen abgewartet werden. Bei einer Dosiserhöhung sollte eine erneute mehrtägige Stabilisierungsphase eingehalten werden.² Bei einem Sortenwechsel kann ebenfalls eine erneute Dosierungsphase erforderlich sein. Falls Patienten dennoch am Straßenverkehr teilnehmen müssen, sollte die Einnahme erst nach den Fahrten (regulär abends) eingenommen werden, damit am Folgetag keine fahrrelevante Residualwirkung mehr nachweisbar ist.

Die Fahreignung gilt ohne weiteres als ausgeschlossen, wenn ein Autofahrer zusätzlich illegal beschafftes Cannabis konsumiert (VGH Baden-Württemberg, Az.: 10 S 1503/16). Auch der Konsum von Alkohol und anderen psychoaktiven Stoffen führt zum Entzug der Fahrerlaubnis, für Cannabispatienten gilt somit eine 0,0 Promille-Grenze.

In begründeten Einzelfällen kann die Fahrerlaubnisbehörde ein fachärztliches Gutachten sowie eine MPU anfordern. Hierbei werden insbesondere Adhärenz und Compliance geprüft, ebenso wie drogenbedingte Straf- und Verkehrsauffälligkeiten und fahreignungsrelevante Erkrankungen.

Wenn ein Cannabispatient einen Führerschein der Gruppe 2 (LKW und Bus: Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E sowie die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung) beantragen oder verlängern möchte, ist nach §§ 11 und 48 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) eine Begutachtung gemäß Anlage 5 erforderlich. Hier dürfte die Begutachtung häufig zu einer Ablehnung des Antrags führen.

Generell empfiehlt es sich für den Patienten, eine Kopie des letzten Rezeptes und einen vom Arzt unterzeichneten Cannabisausweis mitzuführen, um die legale Cannabisverwendung nachweisen zu können. Solche Ausweise erhalten Sie bei uns in der Apotheke. Eine Verpflichtung zum Mitführen besteht nicht.

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